F: Warum geht es dem Haushalt der Stadt Monheim heute so viel besser als uns?
A: Hier hat ein CDU-Bürgermeister vor zig Jahren Flächen für die Stadt angekauft, die „heute“ für eine gewerbliche Nutzung zur Verfügung stehen. Lukrativ gekauft und dann gut vermarktet. Herr Zimmermann ist wirklich clever! Er hat unter anderem Patentrechte eines großen Firmenkonsortiums nach Monheim gezogen und somit viele Gewerbeeinnahmen generiert. Allerdings hat er durch seine niedrige Gewerbesteuerpolitik auch für eine Instabilität der Vermarktung der Gewerbeflächen fast aller anderen kreisangehörigen Städte gesorgt. Diese negative Gewerbesteuerpolitik war auch für unsere Gewerbeflächen in Mettmann merklich spürbar!
Den Monheimer Weg zu gehen, würde bedeuten, mit der Stadt Monheim in unmittelbaren Wettbewerb zu treten. Aufgrund der fehlenden Freiflächen für Gewerbeansiedlungen in Mettmann und der schlechteren Verkehrsanbindung von Mettmann wäre bereits jetzt klar, dass Mettmann dieses Rennen verlieren würde.
F: Steht ein Anstieg der Grundsteuer B von 300% im Raum?
A: Nein, es handelt sich um eine Anhebung von 480% auf 780% des Grundsteuermessbetrags, also um eine 62,5%ige Erhöhung des bisher zu zahlenden Grundsteuerbetrags. Es handelt sich hierbei um den Unterschied von relativer und absoluter Änderung von Prozentsätzen.
F: Ist eine Erhöhung der Grundsteuer B der einzig verfügbare Hebel?
A: Nein. Während die Grundsteuer B tatsächlich der einzige Hebel ist, um die Einnahmen sinnvoll zu erhöhen, kommt es daneben auch darauf an, die Ausgaben bei den freiwilligen Leistungen weiter zu reduzieren. Hierfür müssen Mehrheiten für Einschnitte gefunden werden.
Das ist nicht leicht und in keinem Fall angenehm, da es beinahe immer einen Qualitätsverlust bedeutet. Letztlich müssen wir uns nach intensiven Beratungen im Rat und den Ausschüssen entscheiden, wo wir als Gemeinschaft einsparen wollen. Und es kann passieren, dass der nächste Einsparschritt nur in einer vollständigen Schließung bestehen kann.
Daneben kann im Einzelfall möglicherweise noch bei den Personalleistungen gespart werden. Die CDU hat hierzu bereits erfolgreich beantragt, dass eine Gesamtuntersuchung der Verwaltung durchgeführt wird. Diese Untersuchung wird in diesem Jahr vergeben werden. Ob sich durch diese Untersuchung tatsächlich nennenswert Personal einsparen lässt, kann heute aber noch nicht beantwortet werden.
Der Rahmen für pauschal ansetzbare Minderausgaben (gesetzlich vorgesehen: 1% des Gesamtetats) ist in Mettmann bereits ausgefüllt, so dass jede weitere Kürzung von Ausgaben nur mit Benennung der konkreten Position erfolgen kann.
F: Warum streicht man nicht den Neubau der Gesamtschule oder der Feuerwehrwache?
A: Es handelt sich hierbei um sogenannte investive Ausgaben. Diese werden nur mittelbar über die Abschreibung (und zu einem geringeren Anteil über die Zinsen) nach Fertigstellung (!) über einen Zeitraum von 60 Jahren haushaltswirksam. Tatsache ist, dass das aktuelle Haushaltsdefizit bereits ohne die Investitionen in Höhe von 11,3 Mio. EUR besteht.
Außerdem: Bei der Feuerwehrwache (derzeitig geplantes Investitionsvolumen: 27 Mio.€) ist die Streichung weder möglich noch anzuraten, da es sich um eine Pflichtaufgabe handelt. Bei einem dahingehenden Beschluss müsste die Bürgermeisterin und die Kommunalaufsicht einschreiten. Wir wirken intensiv darauf hin, dass die neue Wache in ihren Kosten stark reduziert wird, ohne die Leistungsgrenzen zu unterschreiten. Hierzu laufen unter Einbeziehung aller Akteure derzeit schon intensive Beratungen. Über die Standortfrage wird derzeit ebenfalls beraten. Ergebnisse dazu werden wir dazu hoffentlich in den nächsten Monaten erwarten können.
Bei der Gesamtschule (derzeit ca. 45,3 Mio.€) sprechen wir von einer zwischenzeitlich pflichtigen und unserer Ansicht nach auch richtigen Investition in die Zukunft unserer Kinder.
F: In welcher Höhe ist der aktuelle Haushaltsentwurf für 2021 defizitär?
A: Das derzeitige geplante Defizit beläuft sich (ohne Berücksichtigung der CORONA-Mehraufwendungen!) auf etwa. 11,3 Mio. EUR. Dies ist nicht durch Sonderbewegungen zu erklären, sondern vielmehr ein strukturelles Defizit, das nicht von Allein wieder verschwinden wird. Um dieses Defizit zu beseitigen, müssten Einsparungen in fast allen Haushaltsbereichen, sowie eine Anhebung der Grundsteuer B erfolgen.
Die coronabedingten Mehrausgaben in Höhe von 7,8 Mio.€ werden derzeit noch isoliert betrachtet und sind erst ab dem Jahr 2025 haushaltswirksam.
Wahr ist aber auch, dass dann spätestens ab 2025 weitere Ausgaben hinzukommen werden, die zu stemmen sein werden (Abschreibungen für Investitionen und die soeben genannten CORONA-Aufwendungen).
F: Was sind konkrete Beispiele für unausweichliche weitere Belastungen für unseren Haushalt?
A: Es besteht ein Bedarf und neuerlicher Rechtsanspruch für 600 neue Betreuungsplätze im offenen Ganztag der Schulkinder, die bis 2025 in Mettmann geschaffen werden müssen.
Derzeit fehlen noch über 100 Plätze für Kinder ab 3–6 Jahren in den Kindertageseinrichtungen. Die erforderlichen Erzieherinnen sind nachzuführen. Hier hat die Stadt in den letzten 10 Jahren bereits ständig An- und Umbauten an allen Kindertageseinrichtungen vorgenommen, um den steigenden Bedarf zu decken.
Da dies nicht ausreichend für den ebenfalls gültigen Rechtsanspruch der Eltern auf einen Kindergartenplatz ist, wird zusätzlich eine neue Kindertageseinrichtung gebaut werden müssen (Bereits beschlossen und in Planung).
Eine zweite Kindertageseinrichtung ist ebenfalls in der Vorplanung. Auch hier, wie bereits beschrieben, mit den entsprechenden Folgekosten.
Der Schulentwicklungsplan gibt ebenfalls steigende Schülerzahlen derzeit und für die kommenden Jahre vor, sodass die Stadt in die Verpflichtung kommen wird, eine neue Grundschule zu bauen. Dies bedingt gleichzeitig auch eine Schulentwicklung für die Sekundarstufe I und II. Um allen Schülern ein ausreichendes Angebot zu schaffen, wurde der Beschluss zu einer Gesamtschule gefasst. Die CDU war und ist mit der Kostenkalkulation (45,3 Mio.€) und mit der Standortfrage noch nicht einverstanden, daher laufen derzeit noch etliche Prüfaufträge, die eine finanzielle und bauliche Verbesserung bewirken sollen.
Nahezu alle Schulgebäude in Mettmann sind in einem Zustand, der in den nächsten Jahren eine Sanierung gebietet.
F: Welche finanziellen Altlasten verkomplizieren unsere Haushaltslage zusätzlich?
A: Finanzielle Altlasten bestehen durch den Bau der Seibelquerspange, die der Stadt enorme Kosten für Altlastenbeseitigung und verursachte Baufehler beschert hat. Die Stadthalle war zu ihrer Zeit eine richtige und für die Stadt gute Entscheidung, allerdings kranken wir heute noch an den finanziellen Belastungen, die sich über Jahrzehnte verteilen. Der Brandschutz in allen städtischen Gebäuden bedingt fast jährlich Ausgaben in Millionenhöhe, um den steigenden Standards gerecht zu werden. Gleichermaßen muss dafür Personal, sprich Feuerwehrleute, Rettungssanitäter und entsprechend Feuerwehrfahrzeuge nachgesteuert werden. Dies erhöht die Kosten im Personaletat. Der gesetzliche Standard bedingt auch den Bau einer neuen Feuerwache (Rüstzeiten von 13 Minuten nach Alarmierung bis zum Objekt müssen gewährleistet werden). Ein weiterer Punkt ist die Unterbringung von vor Krieg und Vertreibung flüchtenden Menschen. Von Seiten des Landes wird hier nicht kostendeckend abgerechnet und erzeugt bei den Kommunen zusätzlichen Aufwand, der aus dem allgemeinen Steuertopf reguliert werden muss. Hier wirkt die kommunale Ebene auf die Landes- und Bundesebene ein, um eine stärkere Ausgleichszahlung durchzusetzen. Hierbei sprechen wir uns ausdrücklich nicht gegen die Betreuung der Menschen an sich, sondern gegen die aktuelle Form der Kostenverteilung aus.
F: Gibt es neue Erkenntnisse bei der Entwicklung Musikschule, Stadthalle und Stadtbibliothek?
A: Nach den Beratungen im Haupt- und Finanzausschuss am 9. und 10. März sind alle Fraktionen mit der Bürgermeisterin, Sandra Pietschmann, darin übereingekommen Folgendes zu beauftragen: Alle bisherigen Anträge der Fraktionen zum Haushalt, im Besonderen zu den Themen Musikschule, Stadtbibliothek und Stadthalle, werden zu einem großen Prüfauftrag an die Verwaltung zusammengefasst, sodass die ersten Ergebnisse hierzu in der Folgesitzung im Mai dieses Jahres vorgestellt werden.
Zur Stadthalle: Nur eine vollständige Schließung würde die Kosten der Stadthalle tatsächlich wenigstens teilweise reduzieren können. Solange die Stadtbibliothek noch offen ist, ist das aber nicht der Fall, da Stadthalle und Bibliothek an einem gemeinsamem Energiekreislauf hängen.
F: Kann man nicht einfach den Ansatz für die Gewerbesteuer im Haushalt 2021 erhöhen, um das entsprechende Defizit zu beseitigen?
A: Zunächst einmal: Der Haushalt 2021 beinhaltet nicht die tatsächlichen Einnahmen, sondern Planzahlen. Eine Änderung der Planzahlen hat keinerlei Einfluss auf die Wirklichkeit, sondern ist vielmehr nur eine optimistische oder weniger optimistische Betrachtung der Zukunft.
Tatsache ist, dass im Haushalt 2020 (der insoweit 2019 aufgestellt wurde) eine Gewerbesteuer von 16,5 Mio. EUR geschätzt wurde. Dieser Betrag liegt 1 Mio. EUR unter dem tatsächlichen Ergebnis von 2019, aber immerhin 1,2 Mio EUR über dem Schätzwert der Kämmerin für den damaligen Haushalt.
Dass es für 2020 und auch für 2021 zu Ausfällen in der Gewerbesteuer aufgrund von CORONA kommen wird, ist mit Sicherheit anzunehmen. Der Lockdown zieht sich jetzt schon durch das 1. Quartal 2021 und es wird sicher mindestens bis zum Sommer 2021 zu Beeinträchtigungen sowohl im Einzelhandel als auch in der Gastronomie kommen.
Der Landesgesetzgeber hat hierfür den Kommunen eine Hilfe angeboten: Um den CORONA-Effekt abzufedern, können die Kommunen den CORONA-Ausfall im Haushalt isolieren. Dies geschieht, indem den Ausfällen fiktive außerordentliche Erträge gegengebucht werden, die dann aber ab 2025 im Rahmen einer Sonderabschreibung über mehrere Jahre ‚abgestottert‘ werden müssen.
F: Was bedeutet das für den Haushalt?
A: Dies bedeutet, dass die Gewerbesteuer für das Jahr 2021 auf jeden Fall mit 16,5 Mio EUR angesetzt werden kann und dieser Wert für das Jahr 2021 auf jeden Fall gebucht werden kann. Im Haushalt kann man dies an der Gegenbuchung von außerordentlichen Erträgen erkennen, die genau der Schätzung der Kämmerin an Gewerbesteuerverlusten für 2021 entsprechen. Würde sie mehr Verlust schätzen, würde der Ertrag entsprechend steigen, würde sie weniger schätzen, würde der Ertrag entsprechend sinken. Dies funktioniert, solange wir nicht in die Luxussituation kommen, dass die Gewerbesteuereinnahmen für 2021 mehr als 16,5 Mio. EUR betragen werden.
Ansonsten hat die Schätzung der Kämmerin keinen inhaltlichen Wert. Es wird weder mehr oder weniger Geld vom Land geben, egal, was die Kämmerin schätzt, so dass diese Position im Haushalt sehr verlässlich ist (vor allem viel verlässlicher, als es in den vergangenen Jahren der Fall war).